Die frühe Abstimmung mit dem Dichtungshersteller lohnt sich
von Dipl.-Ing. (FH) Thomas Deigner (SKF Economos Deutschland GmbH)Schäden an Dichtelementen verursachen immer wieder hohe Kosten und Anlagenstillstände. Dies lässt sich vermeiden, indem typische Einflussfaktoren wie die Werkstoffauswahl, das Dichtungsdesign sowie – abhängig vom Lebenszyklus – auch die Fertigungsprozesse frühzeitig mit dem Dichtungspartner abgestimmt werden. Je nach den Bedarfsmengen, den Entwicklungszeiten, Funktions- und Sicherheitsanforderungen lassen sich Designdetails vor den ersten Prüfläufen auf das Produkt zuschneiden. Hilfreich ist hier ein flexibles Fertigungskonzept vor allem in der Entwicklungs- und Pilotphase.
Produktentwicklung muss oft schnell gehen und soll möglichst geringe Kosten verursachen. Doch gerade hier sollten bereits Vorkehrungen für eine möglichst lange Haltbarkeit der Dichtungslösungen getroffen werden. So kann ein Dichtungshersteller, der über ein flexibles Konzept, wie z.B. die SEALJET-Technik (Bild 1), verfügt, das Know-how seiner Kunden miteinbeziehen: Entwickler und Dichtungsexperten können dann Dichtungslösungen für ihre Anwendung von Anfang an optimieren. Die relevanten Bauteile bzw. Komponenten können gleich mitgebracht und Prototypen der neuen Dichtungslösung sofort montiert und geprüft werden. Die dazu nötigen Iterationsstufen erfolgen an nur einem Tag.
In einer ersten Phase erfolgt die kundennahe Produktentwicklung aus dem direkten lokalen Kontakt. Experten des Dichtungsherstellers mit viel Anwendungserfahrung stehen vor Ort zur Produktauslegung und zur schnellen Umsetzung zur Verfügung. Mithilfe der CNC-basierten SEALJET-Drehtechnologie und einer eigenen Dichtungssoftware können Prototypen in nur wenigen Stunden erstellt werden. Nebeneffekt: Kostspielige Form-Werkzeuge und Wartezeiten auf Mustermengen aus Spritzgießwerkzeugen entfallen.
Anschließend wird die zweite Phase für höhere Mengen oder besondere technische Anforderungen umgesetzt. Wirtschaftlich sinnvolle Mengen von ca. 500 bis 40.000 Teilen können hier ebenfalls profilbezogen auf teilautomatisierten CNC-Maschinen gefertigt werden. Die Entscheidung zum Übergang der gedrehten in die gespritzte Ausführung erfolgt in Abhängigkeit der Abmessungsgrößen und Jahresmengen. Da dieser Umstieg parallel ablaufen kann, verringert sich der Zeitdruck in Bezug auf die Formwerkzeugerstellung.
Parallel und ergänzend erhalten Anwender:innen auch produkttechnische Unterstützung in Form einer übergreifenden Anwendungstechnik. Die dritte Phase wird mit der eigenen Werkstoffentwicklung des Dichtungspartners umgesetzt. Es erfolgen die Polymerisation und die Granulierung der Rohstoffe zur Weiterverarbeitung für die Halbzeugfertigung. „Rohstoffnah“ werden außerdem Spritzteile und Großdichtungen gefertigt.
Mit diesem „Partnered Engineering“ können zugleich auch konstruktive Vorkehrungen getroffen werden, die spätere Dichtungsschäden minimieren oder unwahrscheinlicher machen. Jetzt ist der Zeitpunkt, mit Blick auf die Anforderungen der geplanten Fertigungstechnologie, die einflussnehmenden Elemente am Dichtungsdesign auszuwählen, um die Hauptaufgabe Dichten abzusichern. Ein weiterer Vorzug des Konzepts: Der Entwickler kann seinen Gedanken im kooperativen Austausch mit seinem Dichtungspartner oft freieren Lauf lassen als nur am eigenen CAD-Bildschirm. Anhand der gedrehten Dichtung kann das Ergebnis gleich bewertet werden, etwa können die Größe und Form von Aufziehfasen dahingehend beurteilt werden, ob sie ein Optimum für das Aufschnappen, aber auch für die Dichtfunktion leisten. So entstehen oft neue Lösungen, die immer auch dichtungstechnisch optimiert sind.